Der Wald, der Mann, das viele Blut.

Ein mysteriöses Vermächtnis, ein ungeklärter Mord und ein Biograf auf den Spuren seiner eigenen Vergangenheit.

Der Berliner Biograf und Ex-Polizist Tom Berger erhält einen geheimnisvollen Brief: Es ist eine Kopie des Testaments der Industriellenwitwe Flora Meininger, in dem er als Alleinerbe geführt wird. Rätselhaft, denn er kennt diese Frau nicht. Er beginnt zu recherchieren und findet heraus, dass Flora Meininger seit Jahrzehnten unter falscher Identität lebt und unter dringendem Mordverdacht steht. Berger begibt sich auf die Spuren seiner eigenen Vergangenheit – ohne die tödliche Bedrohung für sein Leben zu erkennen.

Leseprobe

Niemand wusste, dass sich Manfred Lehmann auf der Insel aufhielt.

Die Maschine aus Berlin landete pünktlich um dreizehn Uhr fünfunddreißig auf dem Flughafen von Palma de Mallorca. Nachdem der Shuttlebus die Passagiere am Gate abgesetzt hatte, folgte Lehmann dem Strom der Reisenden zur Gepäckausgabe. Dort sah er ihn wieder. Den Mann, dessentwegen er angereist war. Der Mann wirkte älter als auf dem Foto im Internet.

Es dauerte nicht lange, bis sich das Gepäckförderband mit einem satten Ruck in Bewegung setzte. Sofort gab es das übliche rummelplatzartige Gedränge. An der ersten Kurve hinter dem Ausgabeschacht stand eine vierköpfige Frauengruppe. Daneben ein Familienvater, der Mühe hatte, seinen Sohn davon abzuhalten, auf dem Band mitzufahren. Zuerst trudelten Kinderwagen, Golftaschen und Kisten mit Vorsichtzerbrechlich-Aufklebern ein, dann die ersten Taschen und Koffer.

Im Sekundentakt nahmen die Passagiere ihr Gepäck vom Band. Schließlich langte auch der Mann nach einem kleinen Rollkoffer. Gepäck für eine Nacht. Ein Indiz dafür, dass er plante, am nächsten Tag zurückzufliegen.

Manfred Lehmann beobachtete, wie der Mann seinen Koffer hinter sich herziehend auf den Ausgang zusteuerte. Als auch er sein Gepäck in Empfang genommen hatte, begab er sich zum Schalter des Mietwagenverleihs. Es war das erste Mal, dass er darauf verzichtete, sich von Fernando abholen zu lassen.

Er hatte nicht gedacht, dass er so bald wiederkäme. Doch die Umstände ließen ihm keine andere Wahl. Rosie hatte er gesagt, er müsste verreisen. Als sie wissen wollte, wohin, hatte er sie belogen. Er müsse kurzfristig für den Parteivorsitzenden einspringen und zu einer Konferenz nach Philadelphia, hatte er gesagt.

Vom Flughafen aus fuhr er nach Palma de Mallorca. Im Supermarkt von Porreres wollte er sich nicht blicken lassen. Am besten war, so wenigen Leuten wie möglich über den Weg zu laufen, die ihn kannten.

Im El Corte Inglés in der Avenida de Jaume III deckte er sich mit Lebensmitteln für die nächsten Tage ein. Im Einkaufswagen landeten Mineralwasser, drei Flaschen Rioja, ein Pfund Tomaten, Butter, Brot, Wildpastete, Jamón de pata negra und ein Stück Queso Manchego. Ohne Rosie musste er sich mit kalten Speisen begnügen. Nur die wenigsten Männer seiner Generation wussten, wie man sich etwas auf dem Herd zubereitete.

Da er das Nachrichtenmagazin im Flugzeug liegen gelassen hatte, kaufte er im Kiosk des Einkaufszentrums eine deutschsprachige Tageszeitung. In dem Café an der Straßenecke überflog er einige der Artikel. Auch hier kaum etwas, das er nicht bereits wusste. In den USA hatte der polternde Immobilienmogul die Präsidentschaftswahl gewonnen, auch in Deutschland waren laut Wahlbarometer sogenannte Populisten auf dem Vormarsch.

Er verließ Palma de Mallorca über die Ma-19 in südöstliche Richtung. Der Temperaturanzeige nach herrschten im Freien achtzehn Grad. Er ließ das Seitenfenster herunter und sog die Luft tief in die Lungen. Diesmal löste das salzige Aroma nicht das befreiende Gefühl in ihm aus, das er von früheren Besuchen her kannte.

An der Küste reflektierte die Meeresoberfläche die Strahlen der kräftigen Herbstsonne. Die weitere Fahrt führte durch eine karge und nur spärlich besiedelte Ebene vorbei an Llucmajor ins Landesinnere.

Nach knapp vierzig Minuten erreichte er Porreres. Vor sieben Jahren hatten sie die Finca am Ortsrand gekauft. Anfangs haderten sie noch mit dem hohen Preis. Doch ihnen war wichtig gewesen, ein Refugium zu finden, das weit entfernt vom Trubel der Touristenhochburgen lag. Ruhig war es in Porreres nach wie vor und die Immobilienpreise auf den Balearen entwickelten sich seit Jahren explosionsartig. Daher hatten sie mit dem Kauf alles richtig gemacht.

Die Sonne blendete ihn, während er das Holztor an der Einfahrt des Grundstücks öffnete. Nachdem er es am Holm fixiert hatte, blickte er sich nach allen Seiten um. Keine Menschenseele weit und breit. Zügig fuhr er den mit Zypressen gesäumten Weg zum Haus entlang. Im Rückspiegel sah er, dass die Reifen Staubwolken vom ausgedörrten Boden aufwirbelten.

Der Carport war von ihrem eigenen Fahrzeug belegt. Deshalb parkte er den Mietwagen auf dem geschotterten Platz vor dem ehemaligen Schafstall.

Beim Aussteigen fiel ihm auf, dass sich dort wieder ein Hund zu schaffen gemacht hatte. In der Erde vor dem Holzverschlag klaffte ein Loch von etwa zwanzig Zentimetern Durchmesser. Offenbar hatte das Tier versucht, sich auf der Suche nach etwas Fressbarem ins Innere des Stalls durchzugraben.

Fluchend trug er die Einkäufe ins Haus. Er schaltete den Kühlschrank ein, verstaute die Nahrungsmittel und überlegte, was er gegen die streunenden Köter unternehmen könnte. Vielleicht ein paar Giftköder auslegen.

Diesmal musste er das Haus eigenhändig aus dem Winterschlaf wecken. Fensterverschläge öffnen, den Wasserzulauf aufdrehen, Feuerholz aus dem Schuppen holen und das Bett mit Wäsche beziehen.

Anschließend stellte er sich im Schlafzimmer vor die Wand mit dem Stillleben. Er nahm das Gemälde vom Nagel und deponierte es auf dem Bett. Dann öffnete er den Wandtresor. Ihm entnahm er das Einzige, was darin lagerte – seine alte Makarow samt Munition. Beides hatte er schon vor Jahren auf die Insel geschmuggelt.

Als Nächstes wickelte er die zerlegte Waffe aus dem Leinentuch und legte die Einzelteile auf die Kommode. Mit routiniertem Griff setzte er den Schlitten ein. Er bestückte das Magazin mit Patronen und schob es in das Griffstück.

Mit der geladenen Pistole trat er ins Freie. Vor der Veranda platzierte er leere Konservendosen auf dem Boden. Er gab fünf Probeschüsse darauf ab, von denen vier ihr Ziel erreichten. Zufrieden mit der Trefferquote, kehrte er ins Haus zurück.

In der Küche holte er sich ein Glas Mineralwasser und setzte sich im rustikal eingerichteten Sala de Estar ans Fenster. Er trank einen Schluck und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Als er sieben oder acht Jahre alt gewesen war, hatte sein Großvater ihm einmal zu erklären versucht, welche Bedeutung Land für die Menschen hatte. »Es ist das Wichtigste was wir haben, merk dir das, mein Junge.« Derselbe Großvater – das erfuhr er allerdings erst Jahrzehnte später – hatte eine Weile im Gefängnis gesessen, weil er mithilfe gefälschter Dokumente Ahnungslosen in Brandenburg Land verkaufte, das er nicht besaß. Abgesehenen von dem traurigen Umstand, dass sein Großvater nur ein halbseidener Betrüger war, hatte er mit seinem Merksatz nicht einmal recht gehabt. Zeit ist das Wichtigste, das wir haben, hätte er sagen müssen. Nur hätte er mit Zeit keine Leute betrügen können.

Apropos Zeit, die wollte er sich bei der anstehenden Mission nehmen. Er hatte beschlossen, ein paar Tage länger in Porreres zu bleiben. Gleich wieder abzureisen, würde Verdacht erregen, zumindest bei seinem nächsten Nachbarn. Die Finca von Hugo Hernandez lag zwar über dreihundertfünfzig Meter Luftlinie entfernt, Hernandez war sicher trotzdem nicht entgangen, dass er da war.

Er verscheuchte Hugo Hernandez aus seinen Gedanken und richtete den Blick auf den gegenüberliegenden Hang. Der hohe Anteil an Eisenoxid verlieh der Erde einen rötlichen Ton. Auf einmal meinte er, jemanden zwischen den Olivenbäumen stehen zu sehen. Einen Mann, dessen Silhouette der des Mannes am Flughafen glich. Sollte er sich etwa getäuscht haben? Wusste der der Mann doch, wer er war und dass er in diesem Haus wohnte?

Manfred Lehman fuhr sich über die Augen, blinzelte ein paarmal. Als er erneut zum Hang hinübersah, war die Gestalt verschwunden. Seine Sinne hatten ihm nur einen Streich gespielt. Nun galt es, die Gedanken in konstruktive Bahnen zu lenken. Unsicherheit konnte er sich nicht leisten. Dafür gab es auch keinen Grund. Hier und jetzt herrschten ideale Bedingungen. Die Finca lag abgeschieden und das Areal war groß genug, die Angelegenheit ein für alle Mal zu regeln. Dass das Anwesen einmal solch einem Zweck dienen würde, hatte er beim Kauf nicht ahnen können. Damals hatte er auch noch geglaubt, nie mehr von der alten Geschichte zu hören.

Als die Sonne hinter dem Hang untergegangen war, hatte er den Mann lange genug warten lassen. Er nahm das Telefon zur Hand und wählte die Nummer des Hotels. Vom Rezeptionisten ließ er sich ins Zimmer des Mannes durchstellen.

Er verzichtete auf eine Begrüßung, nannte dem Mann die Adresse. Dann wies er ihn an, sich einen Mietwagen zu nehmen und sich sofort auf den Weg zu machen.

Frankfurts Abgründe sind tief.

Jonas Fremden – ein Ermittler wider Willen.
Wild, hart, realistisch.

Eine Mordserie an drei Seniorinnen erschüttert Frankfurt. Sieben Jahre zuvor ertrank der Bestattungsunternehmer Hugo Bruckner unter mysteriösen Umständen in einem abgelegenen Waldsee. Welche Verbindung existiert zwischen den nur auf den ersten Blick voneinander unabhängigen Fällen? Während die Kripo in Frankfurt die Mordermittlungen führt, erhält Privatdetektiv Jonas Fremden den Auftrag, den Tod Bruckners zu untersuchen. Der Fund alter Unterlagen bringt den Ermittler auf ein dunkles Geheimnis.

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Er trat aus dem Fahrstuhl und ging den Flur hinunter. Dabei nahm er lediglich den gedämpften Hall seiner Schritte wahr. Vor dem Zimmer mit der angelehnten Tür stellte er die Kühlbox und den Koffer mit den Utensilien ab. Ein Kribbeln durchzog ihn von Kopf bis Fuß. Mit angehaltenem Atem starrte er auf den schmalen Lichtstreifen auf dem Teppich. Noch war Zeit umzukehren. Doch er wusste, dass Flucht keine Alternative war. Mindestens eine halbe Minute lang verharrte er im Halbdunkeln. Dann packte er die beiden Gepäckstücke und trat ein.

Nichts an der Szene wirkte ungewohnt. Sie erwartete ihn auf einem Stuhl sitzend in der Mitte des Raums. Das Kinn aristokratisch erhoben und die Hände im Schoss gefaltet. Ein goldener Ring mit einem funkelnden Edelstein zierte ihre rechte Hand. Die Vorhänge waren zugezogen, und auf dem Teppichboden schmolz ein winziger Schneerest. Letzteres wertete er als Indiz dafür, dass sie unmittelbar vor ihm eingetroffen war.

Eine tiefe Verbeugung vollführend, begrüßte er sie mit »Guten Abend, Madame«.

Von ihr erfolgte keine Reaktion.

Es war warm im Zimmer. Nachdem er die Gepäckstücke in einer Ecke deponiert hatte, fächerte er sich Luft zu. Erst da registrierte er den Geruch von kaltem Zigarettenrauch, der den Raum erfüllte. Bevor er sich den Vorbereitungen widmen konnte, bat er darum, das Bad benützen zu dürfen.

Beim Pinkeln bildeten sich Schweißtropfen auf seiner Stirn. Mit einem Streifen Toilettenpapier tupfte er sie ab. Nach dem Händewaschen streifte er sich die weißen Handschuhe über. Dann kontrollierte er im Spiegel den Zustand der Livree. Alles war so, wie es sich gehörte. Die Fliege saß mittig zwischen den Hemdkragen, und der Stoff des Fracks wies nicht den kleinsten Fleck auf. Lediglich ein blondes Haar hatte sich auf das Revers verirrt.

Zurück im Zimmer holte er den Tisch vom Fenster. Durch den Schlitz zwischen den Vorhanghälften spähte er nach draußen. Schneeflocken fielen aus dem Himmel, und der Schein des Flutlichts beleuchtete das Terminal in der Ferne.

Er stellte den Tisch vor ihr ab. Als Nächstes entfaltete er die Damastdecke auf der Platte und strich die Falten aus dem Stoff. Dann deckte er den Tisch mit dem Porzellanteller und dem Perlmuttbesteck ein. Auf den Teller setzte er die cremefarbene Serviette, die er bereits zu Hause zum Schwan gefaltet hatte. In der Mitte des Tischs platzierte er die Kristallvase, in die er die Rose stellte.

Nachdem sie die Tischdekoration mit starrer Miene abgenickt hatte, öffnete er die Kühlbox. Er füllte den Boden der Kaviarschale mit gestoßenem Eis, pellte ein hartgekochtes Ei, öffnete den Becher mit der Sour Cream und richtete die Blinis an.

Während er den halb gedeckten Tisch kontrollierte, bemerkte er ein leichtes Zittern seiner Hände. Er ermahnte sich, Ruhe zu bewahren. Doch schon beim Hacken der Zwiebel entglitt ihm das Wiegemesser. Es landete mit einem dumpfen Knall auf dem Boden. Mit gesenktem Haupt eilte er ins Bad, um es zu reinigen. Im zweiten Anlauf klappte es besser. Die feinen Würfel strich er in ein Glasschälchen. Und erst als er sämtliche Vorbereitungen bei Tisch abgeschlossen hatte, holte er die Flasche Champagner Rosé und die Dose mit dem Beluga-Kaviar aus der Kühlbox. All dies geschah, ohne auch nur ein einziges Wort mit ihr zu wechseln.

Die CD, die er in die Kompaktanlage einlegte, hatte er ebenfalls im Koffer mitgebracht. Und auch die galt es, später wieder mitzunehmen.

Unter die Klänge der klassischen Musik mischten sich leise Schmatzlaute. Unwillkürlich malte er sich aus, wie sich Kaviar und Blinis mit ihrem Speichel vermengten. Das gesamte Mahl über hatte er wie ein Schatten hinter ihr zu stehen. Ihre Serviette glitt auf den Boden. Lautlos trat er an sie heran, hob die Serviette auf und legte sie ihr wieder über den Schoss. Dabei streifte sein Blick erstmals das Bett. Auf der Überdecke lag ihre Handtasche und die kleine Tüte, die sie für diesen Abend mitgebracht hatte.

Als sie das Perlmuttbesteck beiseite legte, begann er, ihre Nacken- und Schultermuskulatur zu massieren. Aus dem Zimmer nebenan erklangen Männerstimmen. Laute Stimmen, die sich nach Streit anhörten. Doch das war nichts, was ihn weiter interessieren musste. Nichts außerhalb dieses Raums würde auch nur im Entferntesten Einfluss auf sein weiteres Leben haben. Für ihn zählte nur das Hier und Jetzt. Dann wurde es nebenan plötzlich wieder still. Lediglich ihr leises genussvolles Seufzen und die klassische Musik drangen an seine Ohren. Während er sie weiterhin sanft walkte und knetete, versuchte er, den Moment als Erinnerung in sich aufzunehmen. Mit geschlossenen Augen atmete er tief ein. Ein Hauch von Zwiebeln, Fischrogen und Parfum stieg ihm in die Nase. Er spürte, wie sich ihre Muskulatur immer weiter entspannte. Mit leichtem Nachdruck legte er ihr eine Hand ans Kinn und die andere an die Stirn.

Er war sich sicher, dass der richtige Moment gekommen war.

Wie ein Lamm zur Schlachtbank

Im Schönbuschpark wird eine Leiche gefunden: ein alter Mann, nackt, gefesselt und offenbar erfroren. Der Tote war Pfarrer. Kurz darauf schlägt der Täter ein weiteres Mal zu. Das Opfer: ein Mönch.

Ein Rachefeldzug gegen Geistliche? Kommissar Basler ist sich
sicher: Es wird weitere Tote geben. Doch er ahnt noch nicht, dass das letzte Opfer ein ganz besonderes sein wird.

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1.

Mit der Unbarmherzigkeit von Maschinen hackten sie ihre Mordwerkzeuge in das auf dem Boden liegende Zuckerstück. Unschlüssig, in welche Richtung er ausweichen sollte, blieb er stehen. Seinen Blick von dem Furcht einflößenden Spektakel abwendend schaute er in den Himmel, in die gräuliche, nach Osten ziehende Wolkenbank. Bereits als kleiner Junge war er in das Taubengeheimnis eingeweiht worden. Hüte dich, hatten sie mit erhobenem Zeigefinger gewarnt. Hüte dich, dies Federvieh ist verflucht. Ist es ihnen erst einmal gelungen, einem jungen Burschen wie dir in den Kopf zu sehen, dann bist du verloren.

Ängstlich richtete er seinen Blick wieder auf die pickenden Vögel am Laternenfuß. Ob sie die Gedanken alter Männer wohl ebenso lesen konnten? Ein plötzliches und lautes Gurren ließ ihn zusammenzucken. Staunend verfolgte er das kleine Wunder, das sich zu seinen Füßen vollzog. Wie durch einen Wink des Herrn erhoben sich die Tauben und entschwanden eine nach der anderen in die kühle Herbstluft.

Erleichtert humpelte er die Straße hinunter. Schritt für Schritt begleitete ihn buntes Laub, das in Wolken um seine Füße wirbelte. Ein paar Ecken weiter kam er an einem Buchladen vorbei. Bücher – ja, das kannte er. Angezogen von den farbenfrohen Umschlägen im Schaufenster blieb er stehen. Unwillkürlich musste er lächeln, als sein Spiegelbild auf der Scheibe auftauchte. Zaghaft strich er sich über den lichten Kranz aus Haaren. An seinem Mantel fehlten die beiden mittleren Knöpfe. Darunter lugte der blaue Strickpullover hervor, den er vor langer Zeit geschenkt bekommen hatte.
Eine seiner seltenen und fernen Erinnerungen stahl sich in seinen Kopf. Sein Neffe, seine Mutter, Schwester Marianne. Ja, die Schwester war’s. Die wollte, dass er den Pullover endlich wegwarf, in den Mülleimer steckte und sich einen anderen besorgte. Weil am Bündchen Fäden hingen. Fäden, mit denen er sich an Türgriffen verfing, und die ihn dort wie einen Fisch an der Angel gefangen hielten.

Der Bauch der Buchhandlung war erfüllt von einem süßlichen Duft. Ein wohliger Geruch, der ihm vertraut war. Schnuppernd stellte er sich vor einen Büchertisch. Unsicher schaute er über seine Schulter, bevor er sich traute, nach einem der Bände zu langen. Als er mit dem Daumen über die Seitenränder fuhr, gab das Papier ein leises Flattern von sich.

„Kann ich Ihnen behilflich sein?“

Eine fremde Stimme, die auf einmal von hinten auf ihn eindrang. Drei, vier Sekunden lang verharrte er mit eingezogenem Kopf, dann drehte er sich langsam um. Der Mann, der ihn durch große Brillengläser ansah, lächelte freundlich.

„Mein Herr, kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?“

„Behilflich sein?“

„Ja, suchen Sie etwas Bestimmtes?“

„Frieden“, war, was ihm spontan dazu einfiel.

„Meinen Sie etwa Krieg und Frieden von Leo Tolstoi?“

„Nein, Frieden“, wiederholte er nun etwas sicherer und deutete auf sein schmerzendes rechtes Knie. Die Miene des freundlichen Mannes trübte sich, als er an ihm heruntersah. Seine Hose hatte am Knie einen Riss. Den hatte er sich zugezogen, als er beim Davonlaufen gestürzt war. Blut sickerte noch aus der Wunde und verfärbte den Stoff dunkel.

„Sind Sie verletzt? Soll ich Ihnen ein Pflaster holen?“

Mit zusammengekniffenen Lidern schüttelte er den Kopf, solange bis ihm schwindelig wurde. Als er die Augen wieder öffnete, waren alle Konturen um ihn herum verschwommen. Die Regale, der Mann, die Kasse und die Lampe. Doch dann, als die Gegenstände wieder an Schärfe gewannen, fiel sein Blick auf etwas, das er kannte. Ein freudiges Kribbeln durchströmte ihn, als er auf das Buch deutete.

„Wollen Sie etwa eine Bibel kaufen?“

Er nickte.

„Ein wunderschönes Exemplar. Eine Einheitsausgabe mit Ledereinband und modernen Illustrationen. Darf ich Ihnen die Heilige Schrift gleich einpacken?“

Hastig riss er dem Mann das Buch aus der Hand und lief, so schnell er mit seiner Verletzung konnte, auf den Ausgang zu.

„Halt! Bleiben Sie stehen! Zahlen! Sie müssen noch zahlen!“

Der Mann bekam ihn am Mantel zu packen.

Das Buch fiel ihm aus der Hand, und als der Mann sich danach bückte, humpelte er zur Tür hinaus.

Es dauerte, bis er wieder zu Atem kam. Keuchend schielte er zu den Straßenmusikern an der Ecke, die mit bauchigen Saiteninstrumenten und Klarinetten sentimentale Lieder spielten. Die Münzen im Instrumentenkasten funkelten verlockend. Diesmal jedoch widerstand er der Versuchung. Nachdem er einige Meter weitergelaufen war, spürte er, dass er Hunger bekam. Mit Sehnsucht dachte er an das Abendessen, das er verpasste. Sein Platz zwischen der pausbäckigen Frau und dem alten General mit dem langen seltsamen Namen würde leer bleiben. Namen! Sobald er sie genannt bekam, liefen sie wie Flüchtlinge vor ihm davon. Dabei waren gerade die Namen und die dazugehörigen Gesichter die größten Geheimnisse, die es in seinem Kopf zu hüten galt.

An einer Eckwirtschaft spähte er durch die Scheibe. Eine Schar Fremder hockte um die Tische. Essende und Trinkende, die er noch nie gesehen hatte. Unwillkürlich führte er, als würde er eine Gabel halten, seine Hand an die Lippen. Atem dampfte vor seinem Gesicht, als er kauend den Weg fortsetzte.

Hoch über dem Kopfsteinpflaster des Kirchplatzes thronte die Stiftbasilika mit ihrem düsteren Arkadengang. Ehrfürchtig betrachtete er das Bauwerk, das er seit vielen Jahrzehnten kannte. Schon seit er aus dem Auto gestürmt war, hatte es ihn, wie von einer unsichtbaren Schnur geführt, hierher gezogen.

Nachdem er eine Weile im nur von Kerzenlicht beleuchteten Kirchenschiff gesessen hatte, verfing sich in seiner Nase erneut ein Geruch, den er kannte. Nicht so süßlich wie der bei den Büchern, aber mindestens ebenso vertraut. Es roch nach einem Busch oder Zweig, der verbrannt worden war. Rauch, dachte er, so wie er bei Totenmessen verströmt wird. Trotz des Duftes, der ihn ans Sterben erinnerte, und der Kälte, die von den Mauern abstrahlte, fühlte er sich auf einmal geborgen. Mit feucht glänzenden Augen schaute er nach vorne auf den Hauptaltar im Kirchenchor. Er lächelte, dann stimmte er das Kyrie an. Hoch und klar kamen die Verse über seine Lippen. Beim letzten Herr erbarme dich spürte er, wie sich sanft eine Hand auf seine Schulter legte. Eine Männerhand, die ihm vertraut vorkam. „Na, mein Alter“, flüsterte eine Stimme in seinem Rücken. „Da bist du ja. Kannst es eben nicht lassen. Wusste doch, dass ich dich in einer der Kirchen finde. Komm, jetzt wird’s aber Zeit, dass wir uns auf den Weg machen.“

Böiger Wind schlug ihnen entgegen, als sie in der einsetzenden Dämmerung am Rathaus vorbei den Dalberg hinunterliefen.

Werk des Satans oder Verbrechen von Menschenhand?

In einem abgelegenen Spessartdörfchen wird eine junge Frau tot aufgefunden. Selbstmord behaupten die streng religiösen Eltern. Kommissar Basler hegt da seine Zweifel.

Warum sind die Angehörigen der Toten peinlich darauf bedacht, jede Spur zu verwischen?

Welche Rolle spielt der religiöse Eiferer Antonius, der die Familie offenbar fest in der Hand hat?

Und was hat es mit den anonymen Botschaften auf sich, die einige Tage zuvor in Baslers Briefkasten landeten und die auf einen lange zurückliegenden Exorzismusfall anspielen?

Basler kommt ein schrecklicher Verdacht: Hätte er selbst das Unglück verhindern können?

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Montag, 10. Februar, 10.02

Er war dieselbe Strecke durch verschneite Spessartwälder bereits letzten Mittwoch gefahren. Mit seinem nicht ganz winterfesten VW Passat durch Forste gewaltiger Eichen, in deren Schatten Meere dichter Farne wuchsen. An jenem Nachmittag, vor fünf Tagen, hatte man ihm bei den Andres nicht geöffnet, obwohl sich an den Fenstern die Vorhänge verräterisch bewegt hatten und er durch das Türholz deutlich Schritte gehört hatte. Doch wenigstens hatte er noch ein paar Sätze mit dem kauzigen Nachbarn, einem Bauern namens Waldschmidt, wechseln können, bevor er mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend wieder abgezogen war. Und ein ebenso mulmiges Gefühl begleitete Hauptkommissar Robert Basler auch jetzt, nicht zuletzt, da ihn Kollege Paulson vorhin am Telefon mehr oder weniger behutsam auf das vorzubereiten versucht hatte, was ihn heute dort draußen erwartete.

Zu Beginn einer steilen Serpentine, die in ein kahles Waldstück führte, musste er nochmal die Geschwindigkeit drosseln, um auf dem schneeglatten Asphalt nicht in den Straßengraben zu rutschen. Unmittelbar nachdem er die heikle Stelle passiert hatte, kurbelte er das Fenster einen Spalt herunter. Kühle Luft strömte ins Wageninnere. Luft, die, für diese Jahreszeit ungewöhnlich, mit einem Hauch von Pilzgeruch gewürzt war. Als er seinen Blick einen Moment lang von der Fahrbahn schweifen ließ, meinte er plötzlich, im Nebel zwischen den Bäumen Silhouetten auszumachen.

Die Eheleute stünden beide unter Schock, berichtete Kraus. Elke Andres schwanke allerdings noch zwischen Momenten bewundernswerter Gefasstheit und urplötzlich über sie hereinbrechenden Weinkrämpfen. Ludwig Andres hingegen wirke durchgängig apathisch und habe vom Hausarzt, der auch den Tod festgestellt hatte, eine Beruhigungsspritze bekommen. Beide hielten sich unter Aufsicht des Kollegen Theisen in der Küche auf.

Bevor Basler sich in der Küche den Eheleuten widmete, wollte er sich erst selbst ein Bild vom Opfer machen. Kraus deutete auf die Tür zur Stube und nickte. Noch im Flur steckte Basler sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund und streifte sich ein Paar Einweghandschuhe über.

Der Raum war frisch gelüftet, das fiel ihm als Erstes auf, als er wegen seiner knapp zwei Meter Körpergröße mit eingezogenem Kopf eintrat. Und tatsächlich war das Fenster, trotz der frostigen Außentemperaturen, gekippt. Auf einem Tischchen neben dem Ofen stand ein verkümmerter Strauß Strohblumen. Der Leichnam der jungen Frau lag rücklings auf einer Liege mit Rosenmuster, und ein Gotteslob steckte zwischen ihren Händen. Rock, Bluse, Strümpfe – biederer ging’s nicht. In der gouvernantenhaften Kleidung wirkte sie um einiges älter als die einundzwanzig Jahre, die in ihrem Ausweis vermerkt waren.

Einen Augenblick lang überlegte Basler, ob es sich tatsächlich um die Kleidung der Toten handelte oder ob man sie dem Anlass entsprechend umgezogen hatte.

Er fuhr sich mit der Hand über sein graues stoppeliges Barthaar und versuchte, die unwillkürlich in ihm aufkeimende Abneigung gegenüber den Eheleuten zu unterdrücken. Seitlich aus dem Hals der Leiche ragte ein blutverkrustetes Scherbenstück. Und auch im Gesicht entdeckte er unter der dicken Fettschicht der Creme zahlreiche Schnittverletzungen. Wie es unter der Kleidung aussah, wollte er sich gar nicht erst vorstellen. Rock und Bluse waren weitgehend sauber und offenbar erst angezogen worden, als schon sämtliche Blutungen gestillt waren.

Das Zimmer, in dem sich die Tragödie abgespielt hatte, lag im ersten Stock. Halb Mädchenzimmer, halb Zimmer einer jungen Frau. Kiefernschrank mit Spiegeltür, auf dem Sofa ein Plüschelefant, im Regal der ausgeblichene Karton eines Malefizspiels, Lipgloss auf dem Nachttisch und ein Stapel Frauenzeitschriften in der Ecke neben der Stehlampe. Nichts Besonderes also, außer dass der Raum beinahe schon klinisch sauber wirkte.
Essigscharfer Geruch zog ihm in die Nase. Auf dem Laken fehlte das Kopfkissen, und vor dem Bett hob sich eine hellere Stelle vom Holzboden ab. Vielleicht hatte dort ein kleiner Teppich gelegen? Basler bückte sich und fuhr mit dem Zeigefinger über die Holzkante des Bettgestells. Ein Halleluja auf die Putzfrau, dachte er bitter. Nur winzige Blutspritzer an der Bodenleiste hatte sie übersehen. Als er sich beim Aufstehen seitlich an der Wand abstützte, glitten seine Finger auf etwas Schmierigem ab. Verwirrt inspizierte er den klebrig weißen Handschuh, dann die Wand. Ungefähr auf seiner Kopfhöhe endete der Streifen. Die Farbe war noch frisch, und er konnte sich auch vorstellen, weshalb.

Schatten im Garten Eden

In einem abgelegenen Spessartdörfchen wird eine junge Frau tot aufgefunden. Selbstmord behaupten die streng religiösen Eltern. Kommissar Basler hegt da seine Zweifel.

Warum sind die Angehörigen der Toten peinlich darauf bedacht, jede Spur zu verwischen?

Welche Rolle spielt der religiöse Eiferer Antonius, der die Familie offenbar fest in der Hand hat?

Und was hat es mit den anonymen Botschaften auf sich, die einige Tage zuvor in Baslers Briefkasten landeten und die auf einen lange zurückliegenden Exorzismusfall anspielen?

Basler kommt ein schrecklicher Verdacht: Hätte er selbst das Unglück verhindern können?

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Adelmeier beugte sich vorsichtig über das rot-weiße Plastikband, mit dem das geöffnete Grab in einem Quadrat abgesperrt war. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass Marcello sein Handy benutzte, wahrscheinlich forderte er bereits die Kriminaltechnik an. Ungefähr einen Meter neben dem Grabstein entdeckte er einen großen blauen Plastikbeutel. Er lag verschmiert zwischen unförmigen Erdklumpen. Erst auf den zweiten Blick sah er, dass es sich um einen Sack handelte, wie man ihn üblicherweise zum Aufbewahren von Müll verwendete. Adelmeier ging in die Hocke und schaute vorsichtig in den breiten Riss an der Seite. Er hatte schon während der Fahrt versucht, sich auf diesen Moment vorzubereiten. Wie sich nun herausstellte – vergebens. Er schaffte es einfach nicht, tief in das Bad von Drachenblut zu tauchen, um seinen Panzer zu stärken. Ganz im Gegenteil, von Jahr zu Jahr wurde er dünnhäutiger. Besonders, wenn es sich wie hier, um ein so junges Opfer handelte.

Sein Magen wehrte sich gegen das, was seine Augen in dem Sack entdeckten. Adelmeier schluckte. Der kleine Körper, der vor ihm lag, war mit einem rosafarbenen Strampler bekleidet. Der Sack musste konservierende Wirkung gehabt haben. Auf der Brust erkannte Adelmeier noch ein verblichenes gesticktes Motiv. Aus seinem flachen Blickwinkel sah es aus wie zwei rote Kirschen. Ein Mädchen, dachte er. Vielleicht lieferte später das Etikett einen Hinweis, woher das Kleidungsstück stammen könnte. Vielleicht war es aber auch – wie häufig bei Babys – wegen der Empfindlichkeit der zarten Haut herausgetrennt. Der löchrige Stoff gab einen direkten Blick auf den winzigen Beckenknochen frei. Adelmeier wandte sich ab …

Victors Schützling

Der Aschaffenburger Kriminalhauptkommissar Hans Adelmeier ist kein knallharter Bulle. Er setzt auf exakte Spurensicherung und kombinatorisches Geschick:

Fähigkeiten, die er auch benötigt, wenn er abends zur Entspannung puzzelt, am liebsten Dürer-Motive. Aber nicht nur privat liebt er Alleingänge. Das stößt bei seinem Team nicht immer auf Gegenliebe.

Zur Verbesserung des Arbeitsklimas lädt er seine Mitarbeiter zum Grillen in seinen Garten ein. Doch die vergnügliche Runde wird schon bald gestört:

Ein Arzt aus dem Städtischen Klinikum wurde tot in seiner Wohnung aufgefunden. Mord oder Selbstmord?

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„Sie trug ihre blonden Haare auf Teppichlänge zurückgeschoren. Doch als sie sich umdrehte, sah er, dass einige längere, pink gefärbte Strähnen in ihr rundliches Kindergesicht hingen. Ihre Augenbrauen waren dicht mit Ringen übersät, sodass man nur mit Mühe etwas von der Haut darunter erkannte. Er entdeckte einen schillernden blauen Fleck an ihrem linken Wangenknochen, der sich von ihrem blassen Gesicht abhob wie ausgelaufene Tinte. Adelmeier überlegte, ob die Blessur die einzige an ihrem Körper war.

Der Hund knurrte bedrohlich und glotzte ausdruckslos an ihm vorbei. Doch gerade dieser kalte, schwer einzuschätzende Blick beunruhigte Adelmeier. In dem halb offenen Maul standen kräftige Reißzähne. Und obwohl er wusste, dass Hunde die Angst bei Menschen rochen, wich er instinktiv einen Schritt zurück. „Dein Hund beißt doch nicht?“, fragte er und versuchte, seine wachsende Unruhe zu verbergen. Seitdem er einmal als Kind auf einem Bauernhof von einem Schäferhund gebissen worden war, hatte er panische Angst vor Hunden. Von diesem Erlebnis zeugte noch eine helle, verwachsene Narbe an seinem Unterarm.

„Warum nicht? Du siehst doch, dass es ein Kampfhund ist“, entgegnete sie ihm und lächelte überheblich. „Aber doch nur auf dein Kommando hin? Können wir ihn denn nicht irgendwo festbinden?“ „Wir können ihn nirgends festbinden! Warum verpisst du dich nicht, wenn du Schiss vor Tyson hast?“ Sie setzte einen kampflustigen Blick auf. „Origineller Name für einen Hund.

Passt aber besser auf einen Boxer. Das ist doch ein Mas…“ „Schieb mir keine Kassette ins Ohr! Du willst doch nicht über Hundenamen diskutieren?“ Der Mastino machte eine unruhige Bewegung auf Adelmeier zu. Doch zu seiner Erleichterung stemmte sich das Mädchen gegen die Zugrichtung. „Vielleicht hast du etwas gesehen, das wichtig für mich ist?“, fragte Adelmeier unbeholfen, ohne den Hund aus den Augen zu lassen. „Etwas Wichtiges gesehen“, äffte sie ihn nach und fuchtelte mit ihrer freien Hand in der Luft herum. „Ich hol gleich meine Kristallkugel.“ Die Unverschämtheit des Mädchens ging Adelmeier auf einmal gehörig auf die Nerven. Er machte noch einen weiteren Schritt zurück und holte seinen Polizeiaus-weis aus der Tasche. Dann hielt er ihn wie eine rote Karte in die Luft.

„Ich habe auch keine Lust, mit dir über Hundenamen zu diskutieren. Du bindest jetzt sofort mal deinen Tyson an die Bank und kommst zu mir rüber.“ Das Mädchen zog verächtlich ihre Mundwinkel nach oben. „Ich kann den Lappen aus der Entfernung nicht lesen. Also, wenn du etwas von mir willst, komm einen Schritt näher und zeig mir, was auf dem Wisch steht.“ „Du bindest deinen Hund fest oder wir fahren aufs Präsidium.“ Im selben Moment, als Adelmeier seine eigenen Worte hörte, bereute er sie. Das Mädchen lachte schrill. „So einen Spruch kannst du dir für den Mars aufheben. Du siehst nicht so aus, als würdest du den Helden spielen, wenn ich aus Versehen auf das kleine Knöpfchen drücke.“

Die Botschaft

Kurzgeschichtenbeitrag für die Anthologie „Krimi Kommunale 3“ von Alexander Pfeiffer (Herausgeber), erschienen im Kommunal- und Schul-Verlag in Wiesbaden 10/201215 Krimiautoren überziehen die deutschen Rathäuser und ihre Mitarbeiter landauf und landab mit ihrer dunklen Phantasie. Gemordet und gemeuchelt wird in allen möglichen Bereichen kommunaler Stadtverwaltung.

Weitere Kurzgeschichten

Residenz Leopold

Kurzgeschichtenbeitrag für die Anthologie „Tot im Taunus“ von Richard Lifka (Herausgeber), erschienen im KBV Verlag in Hillesheim 09/2011Der Taunus – Neunzehn Krimiautoren durchsteifen Wälder voller Naturdenkmäler, erklimmen prominente Gipfel, erforschen weite Täler und geheimnisvolle Ortschaften, spüren Mord- und Gruselgeschichten nach. Jeder auf seine Weise, jeder an einem anderen Ort.

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Bubenkreuz

Kurzgeschichtenbeitrag für die Anthologie „Tatorte Odenwald“ von Lothar Ruske (Herausgeber), erschienen im Societäts Verlag in Frankfurt am Main 09/2009Idyllisch ist der Odenwald schon lange nicht mehr. Die mörderische Blutspur der Autoren führt durch zahlreiche Kurorte, sehenswerte Fachwerkstädtchen und entlang traditionsreicher Weinberge. Krimi-Fans sind auch im hessischen Naturparadies keine kriminellen Grenzen gesetzt.

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Nussknackersuite

Kurzgeschichtenbeitrag für die Anthologie „Der Tod hat 24 Türchen. Ein mörderischer Adventskalender“ von Jan Seghers (Herausgeber), erschienen im Rowohlt Verlag in Reinbek 11/2008.

Besinnliche Adventszeit? Von wegen: Zeit zum Töten! Denn wenn gute Freunde ihr wahres Gesicht zeigen, Christbaumverkäufer wettrüsten und betrogene Ehefrauen kaltblütig Rache nehmen, mischt sich schon mal Tannengrün mit Blutrot. Und da auch Profikiller Heiligabend feiern, gerät für manch einen die stille Nacht zur ewigen Ruhe … 24 Kurzkrimis der beliebtesten deutschsprachigen Krimiautoren.

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Ginger Chopsuey

Kurzgeschichtenbeitrag für die Anthologie „Tatorte Hessen hochprozentig“ von Lothar Ruske (Herausgeber), erschienen im Societäts Verlag in Frankfurt am Main 10/2008Köstlich kriminell sind die Kurzgeschichten der Autoren des Hessischen Syndikats. In „Tatorte Hessen hochprozentig“ haben sie ihrer Fantasie freien Lauf gelassen und mixen mysteriöse Mordfälle mit raffinierten Cocktails. Gin Fizz, Whiskey Sour, aber auch die süßen Verlockungen wie Piña Colada und Daiquiri werden hier zu tödlichen Waffen und sorgen für arglistige Verbrechen und jede Menge Leichen.

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